So gut wie jeder Mensch auf der Welt, mit ganz wenigen Ausnahmen, muss sich auf irgendeine Art und Weise selbst führen können. Wir alle müssen unser Leben so regeln, dass wir immer genug zu Essen und zu Trinken haben, dass wir ein Dach über dem Kopf haben, dass wir sicher schlafen können, dass wir sozial vernetzt in unserer Gemeinschaft leben können. Das sind die Basics. Dazu kommen dann weitere starke Bedürfnisse, für die wir sorgen wollen. Wir wollen Dinge entdecken, Abenteuer erleben, für unsere Liebsten sorgen, wir wollen Lieben, Lachen, Einfluss nehmen, Dinge erreichen, Arbeiten, Urlaub machen, ein Haus kaufen. Um all das und noch mehr sicherzustellen, müssen wir ständig Entscheidungen treffen, was manchmal gar nicht so einfach ist. Denn wir alle müssen uns auch mal zwischen Dingen entscheiden, die uns in Schwierigkeiten bringen können, die uns in Versuchung führen, und vom rechten Weg abbringen. Was genau der rechte Weg ist, das muss natürlich jeder für sich selbst entscheiden. Aber das Gefühl, die falsche Abbiegung genommen zu haben, kennt jeder. Dazu kommt noch, dass unsere eigenen Entscheidungen bei weitem noch nicht alles sind, was unser Leben beeinflusst, schließlich müssen wir alle auch noch mit all jenen Situationen umgehen, für die wir selbst überhaupt nichts können. Denn unser Einfluss auf die Umwelt, auf andere Leute und die Gesellschaft als ganzes ist sehr begrenzt.
All das, die eigene Entscheidungsfähigkeit und der Umgang mit schwierigen äußeren Umständen, bezeichnen wir als Selbstführung.
Die Fähigkeit, auch in schwierigen Situationen einen kühlen Kopf zu bewahren, sein wahres Selbst nicht aus den Augen zu verlieren, standfest, selbstsicher und mitfühlend mit sich selbst und der Umwelt umzugehen, ist eine der wichtigsten Eigenschaften für ein erfolgreiches Leben. Doch noch mehr, als dass es nur für einen selbst von Vorteil ist, ist es auch genau eine dieser Fähigkeiten, die von anderen bewundert und angestrebt wird. Und Selbstführung wirkt ansteckend. Für eine Person, die sich gut selbst führen kann, wirkt eine Krise weniger schlimm, ein Hindernis weniger groß, und ein Rückschlag weniger dramatisch. Und das färbt auf andere ab, wodurch eine ausgezeichnete Atmosphäre für erfolgreiches Leadership geschaffen wird.
Leadership oder Führung bedeutet vor allem, einen Kontext zu schaffen, in dem erfolgreich gehandelt werden kann.
Also die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass man selbst und Andere ein bestimmtes Verhalten zeigen können, und in denen man die vor einem liegenden Aufgaben bestmöglich lösen und seinen Tätigkeiten nachgehen kann. Natürlich gehören zu Leadership auch noch eine Menge anderer Faktoren, wie das gemeinsame Entwickeln von Zusammenarbeits-Methoden, die Übernahme von Verantwortung, das organisatorische Planen und Verteilen von Ressourcen, und so weiter. Wenn es jedoch darum geht, Andere in ihren Fähigkeiten zu bestärken und ihnen ein bestmögliches Umfeld zur freien Entfaltung zu schaffen, macht man das am besten über die Rahmenbedingungen. Und wie könnte man von jemandem erwarten, die Rahmenbedingungen vorteilhaft für Andere zu gestalten, wenn es Dem- oder Derjenigen schon an dem Vermögen mangelt, seinen eigenen Kontext für sich selbst positiv zu gestalten? Wie kann man von jemandem erwarten, andere durch Krisen hindurchzuführen, wenn er oder sie sich nicht einmal selbst gut durch schwierige Zeiten bringen kann? Die Antwort ist simpel: Gar nicht.
Glücklicherweise ist Selbstführung ein Skill, eine Charaktereigenschaft die erlernbar ist. Wie bei jeder persönlichen Entwicklung braucht es dafür zuallererst einmal das mentale Commitment, die Intention sein Verhalten langfristig zu verändern. Wenn das gegeben ist, deckt man als nächstes in einem Prozess der Selbstwahrnehmung seine eigenen Verhaltensmuster, Denkweisen, Glaubenssätze und Gewohnheiten auf. Dabei sollte man zwar absolut offen und ehrlich, jedoch auch mitfühlend und einsichtig mit sich selbst sein. Denn es geht nicht darum, seine schlechten Verhaltensweisen zu verteufeln, sondern nur darum, sie als Teil seiner selbst zu erkennen und zu akzeptieren. Je klarer das Bild einer selbst wird, desto einfacher kann man sich nämlich von bestimmten, ungewollten Verhalten und Gedanken lösen. Je besser man sich selbst und seine Gedankengänge, Emotionen und Gewohnheiten kennt, desto einfacher ist es, sich von ihnen zu befreien, und desto einfacher ist es, zu seinem inneren Startpunkt zurückzukehren – zu dem inneren Ort, an dem wir absolute Kontrolle haben, an dem wir uns selbst treu sind, an dem wir uns mental und emotional sicher fühlen, und von dem aus wir besonnen nach außen hin agieren können.
Es ist dieser innere Ort, unser persönlicher Kontrollbereich, der das Zentrum unserer Fähigkeit zur Selbstführung ist – und Selbstführung beschreibt damit gleichzeitig die Fähigkeit, zu diesem Ort zurückzufinden, selbst unter turbulenten und emotionalen Umständen.
Wie zu Beginn beschrieben, ist unsere Kraft, die Umwelt und andere Menschen direkt zu beeinflussen, stark beschränkt. Gleiches gilt zum Glück nicht für uns selbst. Durch regelmäßiges Üben von Selbstwahrnehmung und Achtsamkeit, durch aufmerksames Beobachten und Lernen von Vorbildern, die sich selbst und Andere gut führen können, und mit starken Vorsätzen und Intentionen, können wir lernen, uns besser selbst zu führen – und legen somit einen ganz wichtigen Grundstein dafür, auch Andere führen zu können. Und natürlich können wir uns außerdem auch selbst äußere Strukturen und Rahmenbedingungen schaffen, die es uns einfacher machen, in unseren inneren Kontrollbereich zurückzukehren, zum Beispiel durch Visualisierungen in der Wohnung oder am Arbeitsplatz, durch das Praktizieren von Journaling, durch regelmäßige Coachings, und vieles mehr.
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