It‘s about Leadership

Housten wir haben ein Problem

15. März 2023

Die jüngeren Menschen haben nicht mehr vor, so tief in den Arbeits-Hustle einzusteigen, dass er ihr Leben dominiert. Die älteren Menschen (so ab Ende 40, „älter“ ist daher vermutlich nicht das richtige Wort) überlegen ernsthaft und rechnen durch, wie es ihnen frühzeitig gelingen kann, sich aus einer Arbeitswelt zu befreien, die zunehmend Energie und Motivation raubt. Menschen, die viel Motivation daraus ziehen, zu gestalten und in ihrem Tun wirksam zu sein, denken konkret über den Ausstieg aus dem Hamsterrad nach – oder darüber, gar nicht erst einzusteigen. 

Okay, nicht Houston hat das Problem, sondern unsere Arbeitswelt, die Unternehmen. Leichtigkeit ist in dieser Arbeitswelt nur noch schwer zu finden. Es herrscht ein eklatanter Mangel an Möglichkeiten, wirksam zu sein und zu gestalten. 

Ich schreibe diese Worte aus meiner Perspektive. Aus der Sicht einer Person, die in höchstem Maße motiviert ist, wenn Leichtigkeit, Wirksamkeit und Gestaltungsräume zusammen kommen und die aufgrund ihrer Rolle viele Einblicke in vielfältige Unternehmen erhält. Aus diesen beiden Positionen heraus ist es für mich an der Zeit, mit euch zu teilen, was ich so beobachte und was mich ärgert. Dieser und meine nächsten beiden Posts werden somit eine Mischung aus „Leudde, seht Ihr das nicht???“ und dem Wunsch, Änderungen herbeizuführen. Nennt es Rant, doch ich verspreche euch, es wird auch konstruktiv zugehen (ohne Anspruch auf Vollständigkeit). Beginnen wir mit dem „Leudde, seht Ihr das nicht???“-Teil:

  1. Hört auf, eine Transformation nebenbei zu machen
    Transformation/Change, die erste: Alle wollen Transformation. Viel Hoffnungen werden darauf projiziert, denn nach der Transformation wird alles besser. Wird es oft auch. Aber hört mit diesem schrägen Glauben auf, dass man eine Transformation nebenbei machen kann. Ihr wollt etwas verändern? So richtig? Dann gebt den Menschen in eurer Organisation die Möglichkeit, sich genau darauf zu konzentrieren. Keine Transformation gelingt, in dem sie on top zum normalen operativen Geschäft stattfindet. Doch genau das ist der Standard in deutschen Unternehmen: Du bist voll damit ausgelastet, zu unserer Wertschöpfung beizutragen? Prima! Dann mach doch eben noch ein bisschen Transformation mit. Ist ja nur vorübergehend. Und wenn wir danach feststellen, dass das irgendwie geklappt hat, dann können wir dir ja noch ein paar andere Themen oben drauf geben. Warum auch nicht, hat ja schon mal geklappt?!Fokus, Freiraum und Zeit für eine Transformation freizuschaufeln, die für das Unternehmen eine echte Bedeutung hat, sollte Standard sein. Nicht nur für die Rolle des Projektleitenden, sondern für alle, die zur Transformation beitragen. Wenn das nicht stattfindet, darf die Umkehrschlussfrage erlaubt sein, welche Bedeutung die Transformation wirklich hat.
  2. Hört auf, eine Transformation ohne Ziel anzugehen
    Transformation/Change, die zweite: Bitte, bitte, stellt sicher, dass das, was ihr verändern wollt, eine echte Bedeutung für die Organisation hat. Dass sie ein Problem löst oder Möglichkeiten entstehen lässt, dass sie ein Zielbild entwirft, das Sinn für die Organisation ergibt. Denn Heidewitzka, nichts ist frustrierender, als Zeit und Energie in etwas zu investieren, dessen Sinn nicht erkennbar ist. Eine Transformation ist keine Beschäftigungstherapie. Wenn ihr sie so angeht, wird das sehr viele Konsequenzen mit sich bringen (siehe Anfang dieses Textes). Ach ja: Ein Zielbild heißt nicht, dass eine neue Software eingeführt wurde. Ein Zielbild zeigt auf, was nach der Transformation, nach der Veränderung, wirklich anders ist. Das ist viel mehr als eine eingeführte Software oder ein neues Organigramm. Deswegen gibt es noch einen dritten Punkt.
  3. Hört auf, digitale Prozesse als digitale Transformation zu verkaufen
    Transformation, die dritte: Die Einführung digitaler Prozesse ist KEINE digitale Transformation! Auch dann nicht, wenn alles digitalisiert wird, was nicht bei drei auf den Bäumen ist. Auch dann nicht, wenn eine Organisation komplett digitalisiert ist. Es ist erst dann eine digitale Transformation, wenn die Akteur:innen im Unternehmen wirksam mit dieser digitalisierten Welt arbeiten. Euer Zielzustand sind nicht die digitalisierten Prozesse, euer Zielzustand ist eine andere Funktionsweise und eine andere Form der Zusammenarbeit! Hört auf, unnötig Frust, Reibungsverluste und Beschäftigung zu schaffen, indem ihr glaubt, ab dem Zeitpunkt der Einführung bestimmter Dinge wäre die Transformation geschafft. Denn dann FÄNGT SIE ERST RICHTIG AN! Das führt dann übrigens direkt wieder zu Punkt 1. Und zu Punkt 2.NB: Ersetze „Digitalisierung“ durch jedes andere beliebige Transformationsthema.

 

Houston, wir haben ein weiteres Problem 

Gemeinsam werfen wir einen Blick auf Leadership und den Umgang vieler Unternehmen damit:

  1. Schafft Freiräume!
    Leadership, die erste: Das Thema Führung ist eines der polarisierendsten Themen in Unternehmen. Dazu vorneweg: Wir haben ein etwas anderes Verständnis von Führung, als es klassischerweise oft vorzufinden ist. Denn Führung im Sinne von Leadership, ist erst einmal unabhängig von der formalen Führungsrolle. Leadership entsteht immer dann, wenn Impulse, Ideen, Entscheidungen, kritische Momente ihren Weg in das Unternehmen finden, ganz egal, woher sie kommen und aus welcher Rolle heraus sie entstehen. Leadership ist ein sozialer Prozess. Leadership entsteht aber nicht, oder kaum, wenn gleichzeitig alles mit operativen Themen überfrachtet ist. Beziehungsweise beschränkt sich dann Leadership auf zwei Aspekte: Aufgaben verteilen und priorisieren. Und nun ja, man kann sich bildlich vorstellen, wie motivierend es auf Dauer ist, wenn es nur noch darum geht, Aufgaben zu verteilen, zu priorisieren und abzuarbeiten. Nicht.Also bitte, schaufelt den Weg für Leadership frei. Schafft Freiräume und Austauschräume. Baut Barrieren ab und Strukturen auf, die Ideen, Impulse, Entscheidungen, kritische Momente entstehen lassen. Gebt Raum zum Denken und Gestalten – überall. Entlastet die Akteur:innen in eurem Unternehmen. Überall. Denn Leadership sitzt überall. Es muss nur entstehen können und dürfen.
  2. Lasst Leadership wirksam werden!
    Leadership, die zweite: Der erste Leadership-Punkt führt direkt zu dem zweiten, nämlich zu den formalen Führungsrollen. Die spielen eine entscheidende Rolle. In den meisten Organisationen, mit denen wir arbeiten, gibt es formale Führungsrollen. Aber sie werden schlichtweg nicht genutzt. Sie werden vergeben – und dann überfrachtet. Mit operativen Aufgaben, mit Transformationsthemen, mit Leitungsverantwortung für Veränderungsprojekte, mit Meetings, an denen man unbedingt teilnehmen muss. Alles davon ist „urgent“, Prio 1. Und für Führung? Bleibt kein Raum. Wenn überhaupt, dann nur für Aufgaben verteilen und Prios setzen. Siehe Punkt 1.Eine Führungsrolle braucht Raum, damit sie ihren Mehrwert für die Organisation entfalten kann. Damit sie Leadership entstehen lassen kann und den Kontext so gestalten kann, dass alle Akteur:innen wirkungsvoll handeln können. Denn die formalen Führungsrollen sind genau diejenigen, die den Raum für all das gestalten können, was weiter oben steht: für Leadership. Überall.Als Führungskraft bedeutet Leadership, den Kontext so zu gestalten, dass an allen Stellen Leadership und Eigenverantwortung entstehen können. Das ist weder banal noch etwas, was nebenbei passiert. Wenn ihr also in eurem Unternehmen eine formale Führungsstruktur habt, dann lasst diese Struktur wirksam werden – im Sinne von Leadership und nicht im Sinne von Edel-Sachbearbeitung.
  3. Weniger ist so viel mehr!
    Leadership, die dritte: Ihr seht, wir beschäftigen uns gerade damit, dass Rollen mit Dingen überfrachtet werden, die nicht zu der Rolle gehören. Das führt direkt zu dem letzten Punkt meines kleinen Rants: Hört auf, (eure) Rollen zu überfrachten! Egal welche, und egal womit. Weniger ist mehr. Im Moment mehr denn je. Denn sonst ist bald niemand mehr da, der Bock hat, den Job zu machen.

 

Houston, wir haben einen Vorschlag 

Ich habe ausgerantet 😊 Nun komme ich zum konstruktiven Ansatz.

Die letzten Jahre haben dazu geführt, dass viele Unternehmen in den Überlebensmodus gesprungen sind. Unsicherheit, Unüberschaubarkeit, Unklarheit über die Zukunft – ausgelöst durch die zahlreichen Krisen und Ereignisse der letzten Jahre – haben dazu geführt, dass ganz viel Energie und Fokus ins operative Handeln geflossen sind. Aus gutem Grund, denn erst einmal ging es darum, das Business aufrechtzuerhalten. Die Konsequenz? Der Hustle wird immer größer, der Druck auf alle Beteiligten auch, und das Bild, das über die Arbeitswelt und deren Möglichkeiten entsteht, wird immer düsterer. Kaum jemand, der nicht davon erzählt, wie viel das alles gerade ist, wie viel Druck entsteht, oftmals verstärkt durch Rahmenbedingen außerhalb der Arbeitswelt, wie Kinderbetreuung, sich ändernde Gesetze, steigende Preise usw.

Letzteres können Unternehmen nur bedingt beeinflussen, und nicht alles davon müssen Unternehmen lösen. Aber was Unternehmen beeinflussen können ist, wie das Empfinden im Unternehmen, in der Organisation, ist. Denn genau an dieser Stelle entsteht das Gefühl, nicht hinterher zu kommen, nicht gehört zu werden, keinen Raum zum Denken und Gestalten zu haben, nicht wirksam zu sein. Weil der Überlebensmodus immer noch an ist, weil der operative Sog immer noch bespielt wird, weil vergessen wurde, einmal kurz auf die Pause-Taste zu drücken und sich umzuschauen.

Stellt (euch) diese Fragen: Wo stehen wir als Unternehmen? Wo wollen wir hin? Was brauchen wir dafür? Was vielleicht nicht? Und wie gelingt es uns, uns dorthin zu bewegen OHNE alle(s) zu überlasten? Was handeln wir uns damit ein, und was sind wir bereit, dafür zu tun? Bis hin zu der Tabu-Frage aller Tabu-Fragen: Was sind wir bereit zu tun und sind wir in der der Lage dazu, weniger Wachstum, weniger Umsatz in Kauf zu nehmen?

Dieser Rant hat – wie schon geschrieben – keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Er entsteht aus meinem tiefsten Bedürfnis heraus, die Arbeitswelt wieder zu einem guten Ort zu machen. Denn das kann sie sein. Ich durfte das schon an vielen Stellen erleben und viele von euch vermutlich auch. Ich wünsche mir, dass junge Arbeitnehmende Lust darauf haben, sich einzubringen und in ihren Unternehmen etwas zu bewirken. Sie sollen gestalten können und gehört werden. Gleichzeitig wünsche ich mir, dass ältere Arbeitnehmende wieder motiviert und mit einem Gefühl der Leichtigkeit ihrer Tätigkeit nachgehen können. Denn wie schön ist es, wenn das Arbeitsumfeld Energie schenkt und nicht entzieht?!

Deshalb ist dieser Rant vor allem ein Plädoyer für die Pause-Taste. Für die Möglichkeit, in Ruhe zu schauen, welche kleinen und großen Hebel es gibt, um die (eigene) Arbeitswelt zu einem besseren Ort zu machen. Damit wir alle uns (wieder) zu einer Arbeitswelt hinbewegen können, in der Leichtigkeit, Wirksamkeit und Gestaltungsräumen entstehen und ohne Wenn und Aber bleiben dürfen.

Was sind deine Gedanken dazu? Möchtest du deine eigene Arbeitswelt auch zu einem besseren Ort machen? Gerne unterstützen wir dich dabei. Buch dir dazu ein kostenloses Sparring mit einem unserer Coaches und find heraus wie wir dich bei deinen Führungs- und/ oder Veränderungs-Herausforderungen begleiten und unterstützen können.

Weitere Infos findest du unter wwww.change-forward.de

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